Julie Hayward und Sibylle von Halem im Gespräch mit Silvie Aigner
Silvie Aigner

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Die in Wien lebende Künstlerin Julie Hayward bezeichnet ihre Objekte auch als Cyberorganismen. Ursprünglich aus der Keramik kommend, arbeitet sie heute vorwiegend mit Kunststoff, in einer Kombination von Leder und textilem Material. Ihre Skulpturen gehen dabei immer auch vom Körper aus, der zur Maßeinheit ihrer Objekte wird. In der Verbindung technoider und organischer Formen hat Julie Hayward in den letzten Jahren eine unverwechselbare Formensprache entwickelt. Die diesjährige Symposionsarbeit im Krastal ist Julie Haywards erste Steinskulptur
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Silvy Aigner: Julie, Du hast Dir für Deine Arbeit bewusst einen Findling ausgewählt. Hast du deine Idee dem Stein angepasst oder ist das Konzept deiner Arbeit erst nach der Auseinandersetzung mit dem Findling entstanden?

Julie Hayward: Es war mir von vornherein klar, dass ich nicht eine Form aus dem Stein herausarbeiten werde, so wie man sich herkömmlich die Bildhauerei vorstellt. Daher haben Sibylle und ich auch nicht nach einem geschnittenen Block gesucht, sondern nach einem Findling. Doch hatte ich bereits zuvor ein Konzept mittels Zeichnungen erarbeitet, das heißt, wir haben nach einem Stein gesucht, mit dem ich dieses Konzept auch umsetzen konnte. Ich wollte das Material einbeziehen und verschiedene Aspekte herausarbeiten, aber keine Form schneiden. Der Stein musste Ecken und Kanten haben, um die Auslässe für die Metallschläuche herausarbeiten zu können. Daraus „rinnt dann gewissermaßen der Stein aus“ und bildet am Ende der Schläuche Pfützen. Ich wollte dem Pathos, der für mich bislang mit dem Material verbunden war, etwas Humorvolles entgegensetzen, und das in einem außergewöhnlich großen Maßstab.
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Worin bestand für Dich bereits am Anfang die Zusammenarbeit mit Sibylle von Halem?

Julie Hayward: Diese Pathfinder-Funktion war bereits für die Auswahl des Steins notwendig. Sibylle hat im Steinbruch nach einem geeigneten Findling gesucht und vorsondiert. Ich konnte ursprünglich die Dimension des Steins, seine Größe und seine Präsenz gar nicht erfassen. Ich sah diese Vorgangsweise der Bildhauer, die Auseinandersetzung mit dem Material, auch sehr skeptisch und ironisch. Doch ich bin nach diesen vier Wochen in dieser Beurteilung sehr vorsichtig geworden. Denn der Stein ist tatsächlich zu einem Gegenüber geworden, wie dies von den Bildhauern immer beschrieben wird. Der Findling hat eine Persönlichkeit und vor allem eine Geschichte, die einem in dieser intensiven Arbeit an dem Stein sehr präsent wird.

Sibylle von Halem: Julie hat mir drei Zeichnungen gegeben, mit jeweils unterschiedlichen Konzepten. Es war im gemeinsamen Gespräch dann jedoch schnell klar, welches sich am besten für diesen Ort eignen würde. Bereits diese Anfangphase der gemeinsamen Planung durch den Dialog zweier künstlerischer Positionen war spannend und auch für meine eigene Arbeit anregend. Ich fand die Idee von Julie, den Findling als im Krastal gelandeten Meteoriten anzusehen, besonders passend für den Ort.
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Julie, Deine Arbeit hat den Titel SBKT 190508. Was bedeutet das?

Julie Hayward: Ich habe mich in der Vorbereitung intensiv mit der Dokumentation von Meteoriten auseinandergesetzt. Diese werden oft nach ihren Fundorten benannt und mit dem Datum ihrer Auffindung bezeichnet. SBKT bedeutet demnach Steinbruch Krastal und 190508 ist das Datum, der 19. Mai 2008, als wir den geeigneten Findling für meine Arbeit gefunden haben.

Du entwickelst sonst auch oft große Objekte, Skulpturen, die zumeist als Environments im Raum verortet sind. War die Arbeit am Stein dennoch anders?

Julie Hayward: Ich hatte zunächst sehr großen Respekt vor den Maschinen, mit denen man den Stein bearbeitet.

Sibylle von Halem: Du hast dich aber sehr schnell zurechtgefunden.

Julie: Dennoch war der Widerstand, den das Material einem in der Bearbeitung entgegensetzt, für mich neu und ich musste mich erst darauf einstellen. Vor allem dachte ich, der große Winkelschneider sei unmöglich zu handhaben, ohne viel Kraft aufwenden zu müssen. Es ist natürlich so, dass man, wenn man wenig Erfahrung in der Steinbearbeitung hat, viel mehr Kraft braucht. Aber dadurch, dass ich im Symposion mit Bildhauern zusammenarbeiten konnte, wurde mir gezeigt, wie man mit den Maschinen arbeitet, und zwar in der Praxis und nicht nur in der Theorie. Das war sehr wichtig und hat diese Arbeitsmöglichkeiten hier vor Ort so singulär gemacht. Ich konnte etwas erarbeiten und Erfahrungen sammeln, die in meinem Atelier nicht möglich gewesen wären. So habe ich mich dann auch an den Winkelschneider herangewagt. Der Einsatz des eigenen Körpers, das Mitgehen mit der Bewegung ist wichtig und dann braucht man eigentlich gar nicht mehr so viel Kraft.

Was waren die Erfahrungen im Symposion. Was konntet ihr einander vermitteln?

Julie Hayward: Ich hätte, glaube ich, ohne diese Einladung nie daran gedacht mit Stein zu arbeiten. So musste ich mir Gedanken machen, was kann ich umsetzen. Ich musste mich aber auch mit meinen Bedenken auseinandersetzen, ob ich das überhaupt schaffe, mit dem Material und den Maschinen umzugehen. Doch die Herausforderung hat mich sofort fasziniert. Es war eine einzigartige Möglichkeit.

Sibylle von Halem: Ich glaube, es war auch wichtig, dass KünstlerInnen wie Julie, die noch nie mit Stein gearbeitet haben, sehen, wo das Material herkommt und den Steinbruch buchstäblich erfahren. Das heißt, es waren die Fachkräfte aus der Praxis wichtig, aber auch der Arbeitsplatz selbst.

Julie Hayward: Der Ort ist großartig. Insofern hat Sibylle Recht, die Anonymität des Materials wird aufgehoben und die besondere Atmosphäre des Krastaler Steinbruchs ermöglicht einen Bezug zum Stein. Abgesehen davon hätte ich die Möglichkeiten gar nicht, so eine Skulptur in meinem Atelier technisch umzusetzen. Daher waren die Voraussetzungen hier optimal: man bekommt sowohl das Material – den Stein – als auch die Fachkräfte und die Maschinen zur Verfügung gestellt und wird vor Ort untergebracht. Wie überall ist natürlich auch hier die Gemeinschaft beim Symposion ein wichtiger Faktor.

Wirst Du wieder im Stein arbeiten?

Julie Hayward: Ja, ich bin jetzt auf den Geschmack gekommen! Mir hat sowohl die tatsächliche physische Arbeit mit dem Material gefallen, als auch der Ort an sich.


Erschienen in:
Katalog Pathfinder 08, [Kunstwerk] Krastal, 2008
Anlässlich des Symposiums Pathfinder Nr. 41